Wie sind Kleingärten entstanden

Wie sind Kleingärten entstanden

Kleingärten entstanden in Europa ursprünglich vor ca. 200 Jahren. Familien konnten Land pachten und so ihren Ernährungsbedarf teilweise selber decken. In der Bundesrepublik Deutschland entstanden vor über 150 Jahren die ersten Kleingärten. Anfang des 19.Jahrhunderts gaben einige Gemeinden den Ärmsten ein Stückchen Land zum Gemüseanbau, das sie unabhängig von der Gemeinde bepflanzen konnten. Der erste Versuch wurde in der Stadt Kiel gestartet: "59 Familien bekamen je 256 qm Land in Stadtnähe."

Die wachsende Industrialisierung zu Beginn dieses Jahrhunderts ließ große Teile der Bevölkerung aufgrund von Arbeitslosigkeit vollständig verarmen. Hinzu kam eine hohe Sterblichkeitsrate und Krankheitsanfälligkeit der Betroffenen, ausgelöst durch Hunger und schlechte Lebensbedingungen. Die Armendirektion sah es als ihre Aufgabe an, die Kleingärten und ihre Pflanzer zu überwachen, und z.B. den Zeitpunkt der Auspflanzung festzulegen etc.

Besondere Aufmerksamkeit wurde dem Privatbereich der Pächter zuteil. Schlechtes, unsittliches Betragen wurde mit Entzug des Gartens bestraft, der für die Menschen lebensnotwendig war! Zu Beginn des 20.Jahrhunderts entstanden die "Arbeitergärten des Roten Kreuzes", an deren Verwirklichung der Geheime Regierungsrat Bielefeld beteiligt war. 1912 verkündigte er 14 Leitsätze, in denen er darauf aufmerksam machte, einen besonderen Wert auf Familienleben und -gesundheit zu legen.

Den Namen "Schrebergarten" bekamen die Kleingärten als Andenken an den Arzt Daniel Gottlieb Moritz Schreber (1808-1861), der für die damalige Zeit die revolutionäre Forderung nach Spielplätzen für Kinder stellte, um diese von den gefährlichen Straßen herunterzuholen. Der Schwiegersohn von Dr.Schreber, der Leipziger Schuldirektor Dr. Phil. Hausschild sah in Gartenarbeit ein gutes Mittel zur Erziehung der Jugend. Von ihm wurde 1864 der "Schreberverein" gegründet.

1865 pachtete der Verein vier Äcker - unbenutzbares Land. Die Jahrespacht war hoch und der Staat zahlte dem Verein keine Zuschüsse. Viele Eltern kamen zum "Schreberplatz" und ließen sich in Erziehungsfragen von Dr.Hausschild beraten. Ein Oberlehrer legte zusammen mit den Kindern kleine Beete an, die sie später umzäunten. Als später die Eltern bei der Bepflanzung und Pflege halfen und jede Familie "ihre" Parzelle einzäunte, entstanden die ersten Schrebergärten.

Nach Ausbruch des 1.Weltkrieges zweifelte niemand mehr an der Notwendigkeit von eines eigenen Gartens in Stadtnähe zur Lebensmittelversorgung. Am 31. Juli 1919 entstand das Gesetz: "Die Kleingärten- und Kleinpachtlandordnung", unterzeichnet von Reichspräsident Ebert. Doch trotzdem waren Missbräuche, wie z.B. unerlaubte Erhöhung des Pachtzinses, praktiziert durch Zwischenhändler, an der Tagesordnung. Um diesen Missbräuchen ein Ende zu machen, schlossen sich die Kleingärtner in Interessengruppen zusammen So entstanden zwei Spitzenverbände:

1. Zentralverband Deutscher Arbeiter- und Schrebergärtner
2. Verband der Laubkolonisten von Berlin und Umgebung

Am 14. August wurde in Bremen der Zentralverband "Der Reichsverband der Kleingartenvereine Deutschlands" gegründet. Vorsitzender war Geheimrat Bielefeld. Das Kleingartenwesen erhielt durch niedrige Pachtpreise - 2 bis 5 Pfennig pro qm - und zusätzlich durch die Haltung von Tieren einen Aufschwung.

Nach der Machtübernahme Hitlers am 30. Januar 1933, wurden im Juli 1933 dem ehemaligen Reichsverband, jetzt Siedlerbund, der Reichsbund der Kleintierzüchter zwangsweise zugeführt, und zusammen zum "Reichsbund der Kleingärtner und Kleinsiedler Deutschlands" ernannt. Als Reichsbundführer wurde Dr. Kammler bestellt. Das Kleingartenwesen bekam nun eine neue Bedeutung. "Die kleinen Gärten sollten im Falle eines Krieges eine sehr wichtige Aufgabe zur Ernährung des deutschen Volkes übernehmen". Auf die Kleingärtner kamen neue Pflichten zu, z.B. die Verpflichtung, zur Volkserneuerung beizutragen.

Bei Ausbruch des Zweiten Weltkrieges zeigte sich die wichtige "Ernährungspolitische Bedeutung" der kleinen Gärten. Aufgrund der nun vorherrschenden Knappheit an Lebensmitteln, wurden die Kleingärten unter verstärkten gesetzlichen Schutz gestellt. Sie bekamen Fachberater zur Seite und wurden zu einer ständigen Leistungssteigerung aufgerufen, was jedoch kaum durchführbar war, weil die meisten Männer an der Front kämpften und nur Frauen und Kinder die Gärten bearbeiteten. Viele Stadtbewohner flüchteten vor den ständigen Bombenangriffen in ihre Parzellen.

Nach Kriegsende war es sehr schlecht um die Kleingartenanlagen bestellt, da diese oft inmitten von Großstädten lagen und ebenso von Bomben zerstört wurden wie die übrigen Häuser. In München entstand ein Schaden am Vereinseigentum von 100 000 RM. In den übrig gebliebenen Gärtchen hausten neben Großfamilien, die ihr Hab und Gut verloren hatten, auch zahlreiche Flüchtlinge. Doch die Kleingärtner schafften es mit einer bemerkenswerten Zähigkeit, sich zu reorganisieren. Bereits 1949 wurde die neue Bundesorganisation "Verband deutscher Kleingärtner e.V." gegründet. Durch das "Wirtschaftswunder" nach dem Zweiten Weltkrieg erlebten auch die Kleingärtner einen gewaltigen Aufschwung. Es wurden nicht mehr nur Nutzpflanzen angebaut - während des Krieges nahm der Kartoffel- und Gemüseanbau bis zu 90% der Gartenfläche in Anspruch - jetzt blühten wieder viele Blumen und Sträucher.

Paul Brando wurde zum Vorsitzenden des neuen Bundesverbandes gewählt. Er leitete die Geschichte des Verbandes national und auf internationaler Ebene rund 20 Jahre lang. Mit wachsendem Wohlstand und zunehmender Freizeit machte der Kleingarten eine Wandlung vom Wirtschafts- zum Erholungsgarten durch, wobei auch noch heute Obst- und Gemüseanbau erfolgen muss, um den niedrigen Pachtzins für Kleingärten zu rechtfertigen und um die Flächen stadtplanerisch zu sichern.