Zur Bedeutung der Wertermittlung bei Pächterwechse
Zur Bedeutung der Wertermittlung bei Pächterwechsel
Pächterwechsel: Es besteht kein rechtlicher Entschädigungsanspruch
Bei aktueller Betrachtung der Altersstruktur in Kleingartenanlagen muss davon ausgegangen werden, dass in den nächsten Jahren in einer bedeutenden Anzahl von Kleingärten ein Pächterwechsel stattfindet. Eine bedeutende Rolle kommt dabei der Wertermittlung zu.
(11.07.2005, Karsten Duckstein)
Einführend soll zunächst darauf hingewiesen werden, dass der Gesetzgeber die Wertermittlung lediglich für die Fälle der Verpächterkündigung nach § 9 I Ziffern 2 bis 6 vorgeschrieben hat. In diesen Fällen ist zur Ermittlung der Höhe des Entschädigungsanspruchs des gekündigten Pächters eine Wertermittlung durchzuführen. Wenn Regeln für die Bewertung von Anpflanzungen und Anlagen von den Ländern aufgestellt oder von einer Kleingärtnerorganisation beschlossen und durch die zuständige Behörde genehmigt worden sind, sind diese ohne Ermessensspielraum bei der Bemessung der Höhe der Entschädigung zugrunde zu legen. Auf die diesbezüglichen Ausführungen von Dr. Mainczyk wird ausdrücklich Bezug genommen.
Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass für alle anderen Fälle des Pächterwechsels, also insbesondere bei einer einvernehmlichen Aufhebung des Pachtverhältnisses, aber auch bei einer Kündigung durch den Pächter sowie bei einer durch den Pächter verschuldeten Verpächterkündigung gemäß §§ 8 oder 9 Bundeskleingartengesetz eine Wertermittlung vom Gesetzgeber nicht vorgeschrieben wurde. Dies ist überwiegend darin begründet, dass für diese Fälle kein gesetzlicher Entschädigungsanspruch des weichenden Pächters gegenüber dem Verpächter besteht, sondern der weichende Pächter allenfalls versuchen kann, entsprechend den gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen die in seinem Eigentum befindlichen Anlagen bzw. die von ihm auf der Parzelle zurückgelassenen Anpflanzungen auf einen Nachfolgepächter zu übertragen. Dies kann, muss aber nicht, in der Form eines Kaufvertrages erfolgen. Insbesondere in Gegenden, in denen das Angebot an Kleingärten die Nachfrage nach den selben deutlich übersteigt, ist zunehmend zu verzeichnen, dass Anpflanzungen und Anlagen unentgeltlich oder nur gegen sehr geringe Entgelte übertragen werden.
Aus Letzterem könnte man nunmehr den Schluss ziehen, dass für solche Fälle eine Wertermittlung nicht erforderlich wäre. Würde sich die Funktion der Wertermittlung bei einem Pächterwechsel auf die Ermittlung einer bestimmten „Ablösesumme“ beschränken, wäre eine solche Argumentation durchaus auch schlüssig. Auch und insbesondere bei einem „normalen“ Pächterwechsel erfüllt die Wertermittlung jedoch noch eine zweite, unter Umständen gegenüber der Entgeltbestimmung wichtigere Aufgabe.
Diese weitere Funktion der Wertermittlung hängt mit der einschneidenden Bedeutung des Pächterwechsels in der Geschichte eines Kleingartens zusammen.
Mit dem Pächterwechsel endet das bisherige Pachtverhältnis, ein neues wird begründet. Diese Aussage ist in zweierlei Hinsicht wichtig. Zum Einen ist das Pachtverhältnis mit dem weichenden Pächter abzuwickeln, dieser hat die Parzelle so zurückzugeben, wie es Vertrag oder Gesetz vorsehen. Für die Rückgabe der Parzelle existieren unterschiedliche vertragliche Regelungen, die bereits Gegenstand anderer Beiträge des Verfassers waren. In jedem Falle besteht aber bei Beendigung des Pachtverhältnisses die Verpflichtung des weichenden Pächters, die Parzelle in einem vertragsgemäßen Zustand zurückzugeben.
Vertragsgemäßer Zustand bedeutet bei einer Kleingartenparzelle, dass sie den Bestimmungen des Bundeskleingartengesetzes im Hinblick auf die tatsächliche Nutzung, aber auch im Hinblick auf Art, Größe und Beschaffenheit der zurückgelassenen Anlagen entsprechen muss und dies unabhängig davon, ob möglicherweise Pflichtverletzungen wie unzulässige oder übergroße Baukörper über einen längeren Zeitraum vom Zwischenpächter bzw. dem von diesem beauftragten Vereinsvorstand geduldet worden waren. Der weichende Pächter kann sich nach insoweit übereinstimmender Auffassung in Literatur und Rechtsprechung nicht darauf berufen, dass durch jahrelange Duldung ein Vertrauenstatbestand dergestalt entstanden sei, dass er berechtigt wäre, die geduldeten unzulässigen Anlagen oder Anpflanzungen auf der Parzelle zu belassen.
Um diesen Anspruch auf Rückgabe des Kleingartens in vertragsgemäßen Zustand durchsetzen zu können, ist es jedoch erforderlich, dass der Zustand des Gartens im Zusammenhang mit dem Pächterwechsel aufgenommen wird. Hierfür eignet sich die Wertermittlung außerordentlich gut, da durch den bestellten und speziell geschulten Wertermittler diese Bestandsaufnahme ohnehin erfolgt.
Bei der Schulung der Wertermittler ist also großer Wert darauf zu legen, dass diese veranlasst werden, eventuelle Gesetzes- oder Vertragsverletzungen unverzüglich dem Zwischenpächter oder dessen Bevollmächtigten mitzuteilen, damit dieser die geeigneten Schritte zur Beseitigung der festgestellten Missstände in die Wege leiten kann. Versäumt man diese Möglichkeit der (Wieder-)Herstellung eines gesetz- und vertragsmäßigen Zustandes, besteht zumindest gegenüber dem weichenden Pächter keine Möglichkeit mehr, von diesem die vollständige oder teilweise Beräumung der Parzelle oder aber deren Rekultivierung etc. zu verlangen.
In diesem Zusammenhang sei auf die kurze Verjährungsfrist des Beräumungs- bzw. Rekultivierungsanspruches gemäß § 548 BGB neuer Fassung verwiesen. Nach dieser Bestimmung verjährt der Anspruch des Pächters auf Beräumung, aber auch auf Herstellung eines vertragsgemäßen Zustandes innerhalb 6 Monaten nach Rückgabe der Parzelle durch den Pächter, frühestens jedoch 6 Monate nach Beendigung des Pachtverhältnisses. Verjährung bedeutet, dass ein Anspruch zwar noch besteht, aber nicht mehr gerichtlich durchgesetzt werden kann.
In der Praxis wird es also darauf ankommen, die Bestandsaufnahme durch Wertermittlung in engem zeitlichem Zusammenhang mit dem Zeitpunkt der Beendigung des Pachtverhältnisses durchzuführen und anschließend ohne Verzögerungen die erforderlichen Maßnahmen zur Herstellung eines vertragsgemäßen Zustandes in die Wege zu leiten.
Weigert sich der weichende Pächter, den vertragsmäßigen Zustand herzustellen, so muss er, falls keine anderweitige Vereinbarung getroffen wird, vor Ablauf der 6-monatigen Verjährungsfrist ggf. auf Räumung bzw. sonstige Herstellung eines entsprechenden Zustandes verklagt werden.
Die Wertermittlung des Kleingartens erfüllt aber auch im Hinblick auf das neu zu begründende Pachtverhältnis eine ganz entscheidende Rolle. Erfolgt nämlich die Übergabe des Gartens an den Nachfolgepächter in einem Zustand, der nicht dem Bundeskleingartengesetz und dem Pachtvertrag entspricht, kann beim Nachfolgepächter ein sogenannter Vertrauenstatbestand entstehen. Der Pächter kann durchaus darauf vertrauen, dass ein ihm vom Vorstand des Kleingärtnervereines oder vom Zwischenpächter übergebener Garten den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Wird ihm dieser Garten nun etwa mit unzulässigen Anpflanzungen (z.B. Waldbäume, die die kleingärtnerische Nutzung beeinträchtigen oder stören oder aber unzulässigen Baukörpern) übergeben, kann dies zur Folge haben, dass während des Bestehens des Pachtverhältnisses mit dem Nachfolgepächter die Beseitigung dieser Anpflanzungen oder Baulichkeiten nicht mehr möglich ist.
Da die Wertermittlung bei einem Pächterwechsel, der nicht aufgrund einer Verpächterkündigung gemäß § 9 Abs. 1 Ziffern 2-6 Bundeskleingartengesetz stattfindet, nicht vorgeschrieben ist, kann vom weichenden Pächter die Durchführung einer Wertermittlung nur dann verlangt werden, wenn dies vertraglich vereinbart ist.
Es empfiehlt sich also, in die Einzelpachtverträge Bestimmungen aufzunehmen, wonach für jeden Fall der Beendigung des Pachtverhältnisses, gleich aus welchem Grund und unabhängig von der Person des Nachfolgepächters eine Wertermittlung durchzuführen ist. Auch die Kostentragungspflicht hinsichtlich dieser Wertermittlung sollte geregelt werden.
Zusammenfassend ist einzuschätzen, dass eine Wertermittlung im Sinne einer Bestandsaufnahme bei jedem Pächterwechsel dringend zu empfehlen ist. Gegenüber dem weichenden Pächter ist im Ergebnis dieser Bestandsaufnahme ggf. auf die Wiederherstellung eines gesetzmäßigen bzw. vertragsgemäßen Zustand zu dringen, im Verhältnis zum neuen Pächter ist darauf zu achten, dass keine Gärten übergeben werden, die dem BKleingG bzw. den vertraglichen Regelungen widersprechen. Die Ermittlung eines Zeitwertes der auf der Parzelle zurückgelassenen Anpflanzungen und Baulichkeiten tritt in einer Vielzahl von Fällen gegenüber dieser Bestandsaufnahme zurück.
Quelle
Duckstein
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